Mißt die Justiz schon wieder mit zweierlei Maß?
Tim Kellner, der satirische Love Priest aus dem Love Channel, „der letzten Verteidigungslinie aus dem längst gefallenen Shithole Germany“, ist zu einer achtmonatigen Haftstrafe auf Bewährung sowie 1500 € Geldstrafe „wegen Beledigung und Verleumdung“ verurteilt worden. Der Strafbefehl wurde ihm offiziell zugestellt – wegen eines kurzen, von Tim Kellner nicht näher bezeichneten Videoclips über Annalena Baerbock. Weitere Anzeigen bzw. Strafverfahren sind offenbar anhängig.
Nun bewegt sich ein Satiriker sicher nicht im rechtsfreien Raum. Aber Tim Kellners Kanal ist eindeutig satirisch, und was Satire in Deutschland darf, hat bereits ein Gericht unmissverständlich festgestellt: Das ZDF durfte Alice Weidel eine „Nazischlampe“ nennen. Das war offenbar keine Beleidigung, sondern, siehe Urteilsbegründung „von der Meinungsfreiheit gedeckt“.
Zitat aus dem „Tagesspiegel“:
….hat das Hamburger Landgericht nämlich einen Unterlassungsantrag der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidelzurückgewiesen. Es gehe in klar erkennbarer Weise um Satire, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei, erklärte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Weidel stehe als AfD-Spitzenkandidatin im Blickpunkt der Öffentlichkeit und müsse überspitzte Kritik hinnehmen
Aha. Wenn es Satire ist, ist es also zulässig. Ich interpretiere das mit dem Begriff „Kunstfreiheit“. Es gibt nun nur zwei Möglichkeiten
Möglichkeit 1: Satiren sind generell von der Kunstfreiheit gedeckt.
Da das Urteil bezüglich Alice Weidel auch in der Berufung Bestand hatte, muß jeder Satiriker davon ausgehen, dass satirische Verunglimpfungen rechtens sind, Denn schließlich hat ja Alice Weidel sich nie zum Naziregime zustimmend geäußert, so dass jeder sachliche Grund für eine solche Bezeichnung entfällt. Wenn dies gilt, ist der Strafbefehl unrechtmäßig und Tim Kellner darf seine Satiren weiter verbreiten.
Ganz anders bei unsere Außenministerin, der „nigerianischen Scheißhausspezialistin“ – den Videoclip, in dem sie sich entsprechend äußert, hat Tim Kellner mehrfach zitiert. Annalena Baerbock macht sich vor aller Welt immer wieder lächerlich. Dass dies keine irrelevante Einzelmeinung meinerseits ist, zeigt folgender Tweet:

Quelle: ein Screenshot aus einem Video von Tim Kellner. Und nun
Möglichkeit 2: Satiren sind von der Kunstfreiheit nur gedeckt, wenn sie „links“ sind.
Das aber wäre Gesinnungsjustiz und mit einem freiheitlichen Rechtsstaat, in dem alle vor dem Gesetz gleich sind, nicht zu vereinbaren.
Davon muss man aber, solange der Strafbefehl Bestand hat, ausgehen. Die Justiz praktiziert hier gegen jemanden, den sie offensichtlich als „Regierungsfeind“ einstuft, ein Sonderrecht. Und auf einmal gelten dann solche derben satirischen Äußerungen, wie sie bekanntlich von linken Satirikern wie Jan Böhmermann und auch von der heute-Show ganz selbstverständlich in jeder einzelnen Sendung verbreitet werden, als Straftat.
Die satirische Beleidigung von Alice Weidel ist von der Kunstfreiheit gedeckt, die von Annalena Baerbock aber nicht?
Wenn das durchgeht, leben wir nicht mehr in einem Rechtsstaat. So ist die DDR mit Künstlern umgegangen, die sie als „feindlich negative Kräfte“ einstufte.
************* Dieser Strafbefehl darf keinen Bestand haben. Ich fordere Kunstfreiheit für Tim Kellner! *************
Tim Kellner hat zu Spenden für seine Anwaltskosten aufgerufen. Ich habe ihm bereits einen Betrag überwiesen. Er ist für mich wichtig, denn ohne ihn würde ich diesen ganzen Wahnsinn jeden Tag nicht mehr aushalten. Wer ebenfalls etwas spenden möchte, bitte das Doppel-M beim Kontoinhaber beachten.

Screenshot: https://youtu.be/IHUA6QLUS_o
Update: Tim Kellner hat dem Fernsehsender AUF1 ein Interview gegeben:

Screenshot: AUF1.tv
Faktisch gibt es Beleidigungen und es gibt gefühlte Beleidigungen, beides ist meist kaum sauber voneinander zu trennen. Selbst echte Beleidigungen sind eine Form der Gewalt, die eindeutig physischer Gewalt vorzuziehen ist. Aus ziemlich gutem Grund gibt es in einem Staat wie New Hamshire gar keinen Straftatbestand der Beleidigung. Wo soll man eigentlich die Grenze ziehen?
Mein Motto ist bekannt, Meinungsfreiheit gibt es entweder ganz oder gar nicht.
„Satiren sind von der Kunstfreiheit nur gedeckt, wenn sie „links“ sind. “
Das ist nicht neu, so war deutsches Kabarett mindestens schon in den 70ern aufgebaut. Da hat es die Mehrheit nur nicht gestört. Natürlich habe ich auch über so manchen Kabarettisten gelacht, aber dennoch weiß ich wo Pispers, Freitag, Polt oder Pelzig stehen. In Westdeutschland war es Künstlern aller Art spätestens ab Mitte der 60 kaum möglich offen konservative Positionen zu beziehen. Deswegen gibt es eine lange Liste von Leuten die schon immer den Willy unterstützt haben und die SPD, später dann auch Grüne, man braucht aber keine fünf Finger um Prominente CDU Unterstützer, geschweige denn offen nationale Künstler aufzuzählen. In Italien war das ähnlich, wenn nicht gar schlimmer, da waren lange die Kommunisten in der Überzahl. In Frankreich oder in den USA war das anders. Da gab es zumindest immer auch Gegengewichte, vielleicht nicht in der Mehrheit, aber kommerziell so erfolgreich, daß man die nicht einfach verbannen konnte.
In Deutschland kommt erschwerend hinzu. Ich muß kommerziell nicht liefern um Erfolg zu haben. Faktisch hat der Staat nicht nur das Monopol aufs Fernsehen, sondern auch auf die Theaterlandschaft und weitesgehend auf die Filmwirtschaft, weswegen ein Til Schweiger schon eine Ausnahmeposition einnimmt. Gleich ob man dessen Filme mag, der kann doe über den Markt finanzieren und spielte zumindest bis vor ein paar Jahren faktisch Geld ein. Führt jetzt zu weit, aber Hollywood konnte auch nur kippen, weil die Streamingdienste die marktwirtschaftlichen Gesetze komplett ausgehebelt haben.
Wenn aber nun der Staat und damit die Regierenden eben auch die Deutungshoheit über die Satire haben, erklärt sich so auch das Ziel der Machthabenden.
Dem Gegner die Sprache nehmen und so jede Chance auf Gegenwehr. Denn wenn ich keine Chance habe mir einen Platz am Verhandlungstisch zu erobern, nicht die Straße erobern soll und nun auch mundtot gemacht werde, bedeutet das ja in letzter Konsequenz, ich habe alles unwidersprochen hinzunehmen. Was hier betrieben wird ist ein Mißbrauch der Justiz um Andersdenkende zu verfolgen. Macht man derzeit ja auch wieder einmal mit Höcke. Umgekehrt inzeniert man Scheinprozeße mit angeblichen Angriffen wie bei Chebli oder Künast. Wer Fußball schaut, kann derzeit Spots über angebliche Haßangriffe auf Sportler bewundern, die schon vom Wortlaut vollkommen an den Haaren herbeigezogen sind, aber es gibt ja nichts wofür sich unsere Sporthanseln nicht zu schade sind. Katar läßt grüßen.
Der Artikel vernachlässigt aber noch einen weiteren Haken, Weidel als Nazischlampe zu titulieren ist ja tatsächlich der Versuch einer Beleidigung, gleich ob Frau Weidel sich nun beleidigt fühlt oder nicht. Das ist keine Satire, zumal jene „Künstler“ ja nachweislich bezahlte Hofnarren sind um den politischen Gegner ja nicht salonfähig werden zu lassen.
Kellner hat Baerbock vermutlich nicht einmal beleidigt, mir fehlt ohnehin die Vorstellungskraft wie dies möglich wäre, aber schon der Screenshot belegt. Kellner benutzt die Wahrnehmung des Auslands um Baerbock bloßzustellen. Was Kellner wirklich von Baerbock hält ist eine Sache, faktisch nutzt Kellner Mittel der Satire. Klar überzieht Kellner und provoziert, bleibt aber immer auf der legalen Seite der Grenze.
Was kann man nun tun? Spenden sind eine Sache, aber ein jeder kann auch über seinen Schatten springen und sprachliche Grenzen ausloten und mithelfen Vokabular zurückzuerobern. Kellner kann man ja nur deswegen verfolgen, weil er einer sehr kleinen Minderheit angehört. 1000 Kellners zu verfolgen wäre schon schwieriger, 100.000 Kellners sind unmöglich, dazu müßte man neue Gefängnisse bauen. Womit, mit wem und wer soll die betreiben?
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ich schau mir gerade die Serie
La Valla
an.
Gruselig……… und………. ich frage mich, wie weit wir davon entfernt sind.
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Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.
Erinnert mich an ein satirisches Festival in der DDR, erster Preis 10 Jahre Winterurlaub in Sibirien. Vielleicht nähern wir uns aber auch feudalen Zeiten, da gab es auch sowas wie Majestätsbeleidigung. Damals war das Blut vom Adel nur blau und nicht grün.
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