Verschiedene Medien, unter anderem „Bild“ und oe24.at, erzählen eine Geschichte, in der ein Mann in Thailand einen anderen Mann „anspuckt“, später stirbt er dann in dem Zug, für den er ein Ticket gelöst hatte. Der Mann war offensichtlich mit Corona infiziert. Stunden vorher hatte er noch nicht einmal erhöhte Temperatur gehabt, als er aus Pakistan einreiste und überprüft wurde.
Die Empörung über diese „widerliche Attacke“ sei groß gewesen. Im Untertitel im Video wird darauf hingewiesen, dass eine Maske „nutzlos am Ohr baumelte“, er habe sie zum Schweißabwischen benutzt.
Ich habe den Verdacht, hier wurde die falsche Geschichte erzählt. Der Mann benutzte eine Gehstütze und humpelte, war ersichtlich geschwächt und dazu schwer krank. Wenn er Stunden später gestorben ist, dann war er bereits am Ersticken. Das nämlich ist ein Coronatod! Deshalb auch das Abnehmen der Maske, er bekam nicht mehr genug Luft und war in Panik. Dazu Hustenanfälle. Das bedeutet, dass der Mann mit hoher Wahrscheinlichkeit niemanden bewusst anspucken wollte.
Einen solchen Vorgang könnte das Video darstellen. Warum hat niemand überprüft, wohin er wollte (seine Identität war inzwischen bekannt), ob er vielleicht nach Hause fahren wollte oder ins Krankenhaus? Diese dürften in den ländlichen Gebieten in Thailand auch nicht gerade fußläufig zu erreichen sein.
Wer je einen schweren, erstickenden Hustenanfall hatte (die Journalisten offenbar nicht), weiß eigentlich, dass man sich dabei unwillkürlich nach vorne beugt. Der Mann hatte vermutlich unter Fieber nicht mehr die volle Kontrolle über seine Bewegungen, schon gar nicht mit der Krücke. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Bewegung in Richtung des anderen Passanten nicht absichtlich erfolgt ist, sondern unwillkürlich. Auch das Vordrängeln könnte eine erzwungene Reaktion gewesen sein, da es ihm bereits außerordentlich schlecht ging – er hatte sich später im Zug auch noch erbrochen, zusätzlich zu der Atemnot, dem Fieber und der Gehbehinderung. Das ist wie das Umsichschlagen eines Ertrinkenden, denn Corona bedeutet im Todesfall, innerlich zu ertrinken.
Ich weiß natürlich nicht, ob es tatsächlich so war. Aber es spricht viel dafür. Mich wundert die mangelnde Empathie mit diesem todkranken Mann. Artikel und Untertitel zum Video sind einseitig geframt und überhaupt nicht hinterfragt, Man hat, da die Geschichte vorher durch die sozialen Medien ging, deren Tenor einfach übernommen.
Niemand hat sich offenbar vorstellen können, dass es sich vielleicht um eine Tragödie gehandelt hat, und nicht um einen Angriff. Ist denn die ganze Gesellschaft schon so kaputt, dass man immer nur infamen Egoismus für wahrscheinlich hält? Es gibt doch gerade in der Corona-Krise auch viele Beispiele von stillem Heldentum und Solidarität.
Denken Journalisten heutzutage nur noch daran, wie man eine Geschichte am besten „vermarkten“ kann? Sind die Coronatoten inzwischen nur noch Statistik mit Beatmungsgeräten und Sterberaten? Hat irgend jemand von diesen Leuten eine Vorstellung, wie es ist, keine Luft mehr zu bekommen? Wie man sich bei einem Erstickungsanfall verhält?
Da sollten sie mal Asthmatiker fragen.
Das wurde schon tagelang auch in Thailand von einer Vielzahl von „Journalisten“ ausgeschlachtet. Leider nicht nur von den verschiedensprachigen „Käseblättchen“, die in Thailand allesamt ein Niveau haben, wogegen die Bildzeitung einem wie die NYT erscheint, sondern auch von m.o.w. seriösen Blättern wie der Bangkok Post. Die weit verbreitete Empathielosigkeit scheint leider ein weltweites „Phänomen“ (geworden?) zu sein.
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