N-tv schreibt zu den Verletzten und Hinterbliebenen von Hanau:
Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, sagte zu, dass die engsten Angehörigen der Opfer in einigen Tagen eine Soforthilfe von 30.000 Euro erhalten werden. „Für Ehepartner, Kinder und Eltern von Getöteten sind das 30.000 Euro, für Geschwister 15. 000 Euro.“ Angehörige können aus dem Fonds für Härteleistungen innerhalb von zwei Wochen Soforthilfen erhalten, sagte Franke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das könne das schreckliche Leid des Verlusts der eigenen Eltern oder Kinder nicht lindern. „Aber zumindest ist es eine Hilfe für die nötigsten Dinge, die in diesem Moment wichtig sind.“
Das ist uneingeschränkt zu begrüßen. Ich erinnere nur daran, dass die Hinterbliebenen vom Breitscheidplatz als erste „Hilfe“ vom Staat eine Rechnung über die Leichenschau erhielten. Erst ein Jahr später schließlich wurden sie, nach endlosem Hickhack, von der Bundeskanzlerin persönlich empfangen. Diesmal eilte Angela Merkel sofort an den Ort des Geschehens.
Sieglinde Heinemann, eines der verletzten und immer noch traumatisierten Opfer, erhält eine monatliche Entschädigung von 202 €. Von der Versicherung kommt noch eine Verdienstausfallzahlung von 300 € monatlich dazu. Sie muss aber weiter um ihre Zuwendungen kämpfen. Sie ist aus Berlin weggezogen, um Ruhe zu finden.
Die Tagesschau schrieb 2019:
Auf rbb-Nachfrage heißt es, man müsse den Grad der Behinderung erneut ärztlich einstufen und, da es sich um eine einkommensabhängige Zahlung handele, auch die finanziellen Verhältnisse prüfen. Dabei hatte der Bundesinnenminister ihr und anderen Betroffenen noch im August versprochen, schnell und unbürokratisch zu helfen.
Einerseits empört mich dass unterschiedliche Maß, mit dem gemessen wird. Offenbar gibt es Opfer verschiedener Klassen. Hat es mit deren Herkunft zu tun, sind deutsche Opfer nur Opfer zweiter Klasse? Andererseits wird man später nachfragen müssen, ob den Hinterbliebenen der Hanauer Opfer tatsächlich unbürokratisch geholfen wurde.
Versprechungen werden schnell abgegeben in der Politik. Egal, welcher Herkunft die Opfer oder Täter sind, welcher Art der Anschlag ist, es sollte keine Opfer erster und zweiter Klasse geben.
Andererseits muss man die Frage stellen, inwieweit hier eine Entschädigung auf Kosten der Steuerzahler tatsächlich angemessen ist. Es sollte Rechtssicherheit bestehen in solchen Fällen, statt Sonderzahlungen nach politischer Opportunität und Betroffenheit politischer Amtsträger. So sehr man es den Betroffenen gönnt: der vom geworfenen Stein von der Brücke erschlagene Autofahrer zieht ebensowenig eine solche Zahlung nach sich wie der vom ausgebrochenen Gewalttäter umgebrachte Familienvater.
Hier wäre unbedingt eine Überprüfung und öffentliche Diskussion des Opferentschädigungsgesetzes notwendig. Dieses sieht nämlich derzeit überhaupt keine Sonderleistungen bei Terroranschlägen vor, sondern behandelt Gewaltopfer einheitlich, was auch logisch und gerecht erscheint. Eine Schuldfähigkeit des Täters ist übrigens nicht Voraussetzung für die Zahlungen, was ebenso sinnvoll erscheint.
Allenfalls aus Behördenversagen könnte man zusätzliche Regreßzahlungen ableiten. Danach sieht es aber in beiden infrage stehenden Fällen ganz stark aus.