Brief über den gesellschaftlichen Schützengraben hinweg

Es gibt kaum etwas, was ich mehr hasse, als Journalisten, die Informationen nach ihrer Haltung filtern oder gar wie Claas Relotius „passende“ Geschichten erfinden.

Der hatte bekanntlich über eine Kleinstadt im Mittelwesten der USA, im „Trump-Kernland“, eine marktgerechte Geschichte erfunden, die vor Klischees strotzte, wofür er dann von der sich selber auf die Schulter klopfenden linientreuen (heute heißt es „Haltung“)  Journalismuskamerillia  mit Preisen bedacht wurde.

Das sind für mich Meinungshuren. Dieselbe Mischpoke, die schon zu DDR-Zeiten in den Medien das Sagen hatte. Klischees verkaufen sich gut, also werden sie erfunden. Sowohl die Mächtigen als auch viele Leser lieben das. Das hängt damit zusammen, dass jeder gern liest, was seine bereits bestehende Meinung bestätigt. Gefährlich wird es nur, wenn man andere Informationen gar nicht mehr an sich heranlässt. 

Aber es ist noch immer so, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Auch ich bin nicht sozusagen von süffigen Klischees des Rechtspopulismus, wie du das vielleicht siehst, honigfallenmäßig angelockt worden. Sondern ich bin abgestoßen worden von den offensichtlichen Halbwahrheiten, böswilligen Interpretationen, Lügen und einseitigen Kommentaren in Masse in den Medien. Von den überall hochploppenden Haltungsjournalisten, die mir eine genehme Denkrichtung einreden wollten. Die mir plötzlich wieder ein DDR-Gefühl gaben, was ich gehasst habe mein Leben lang. Und dann erst habe ich mir die Alternativen gesucht. Dass du das nicht hast, hängt auch damit zusammen, dass du in einer anderen sozialen Schicht lebst. Ich habe nie zum Juste Milieu gehört.

Interessant ist auch, wie Relotius aufflog. Ein Bewohner eben jener Kleinstadt hatte seinen Artikel in die Hände bekommen. Und sagte sich: so sind wir aber doch gar nicht, das stimmt doch hinten und vorne nicht. Und dann kochte das langsam hoch.  Der „Spiegel“, hervorragend vernetzt, bekam Wind davon und zog selber die Notbremse, da er ansonsten dazu gezwungen worden wäre. So konnte er sich als Hüter der Wahrheit darstellen, was er aber schon seit vielen Jahren nicht mehr ist. Der „Spiegel“ ist das beste Beispiel für sogenannte Journaktivisten. Der neue Leitspruch des „Spiegel“ ist nicht mehr: sagen, was ist, sondern: sagen, wie es sein sollte.

Und deshalb lese ich Gabor Steingarts Morgenbriefing, aber den „Spiegel“ nicht mehr. Es ist ein bisschen Smalltalk auch in diesem NZZ-Interview zu Anfang, aber dann wird es sehr interessant. Klischees verkaufen sich gut, also werden sie erfunden. Überall dort, wo es politisch gebraucht wird, werden Zerrbilder erfunden.

Viele gute Journalisten heute sind ausgestiegen: Roland Tichy, Gabor Steingart, Stefan Aust (der heute Herausgeber der Welt ist). Der ehemalige Titanic – Redakteur Bernd Zeller. Manche haben heute erfolgreiche Blogs, die die Wikipedia-Mafia als „rechts“ bezeichnet. Es gibt unzählige Aussteiger. Und sie teilen alle die Motivation: Sagen, was ist. Im Gegensatz zum „Spiegel“.

Wikipedia ist übrigens hervorragend bei technischen Dingen. Bei politischen Aussagen kann man ohne mit der Wimper zu zucken davon ausgehen, dass eher das Gegenteil richtig ist. Dies ist eine Folge der Struktur der Gruppen, die sich um politische Einträge bei Wikipedia kümmern. Es ist, wie immer, eine Frage der Macht. Auch dort haben die Achtundsechziger-Nachfahren die Lufthoheit.

Was wir jetzt erleben, ist die Folge dessen, dass die Achtundsechziger tatsächlich den Marsch durch die Institutionen geschafft haben. Sie besetzen alles, sie zersetzen alles und sie hebeln vor allen Dingen die Gewaltenteilung, die die Grundlage der Demokratie bildet, aus, indem sie alles mit eigenen Leuten besetzen, bis hoch zum Verfassungsgericht.

Die traditionellen Medien agieren für sie als Propagandisten und Erfüllungsgehilfen, nicht als kontrollierende und korrigierende Kraft. Sie entstammen dem Juste Milieu und haben sich mit der politischen Klasse verbündet, nicht mit ihren Lesern, Hörern und Zuschauern. Insofern ist es auch konsequent, sich von der Politik mit Steuergeld bezahlen zu lassen, da wurde im vergangenen Jahr mit 40 Mo € der Einstieg beschlossen. Aus der vierten Säule der Gewaltenteilung wird so endgültig eine Propagandaabteilung der herrschenden gesellschaftlichen Kräfte.

Jetzt weißt du, was mich wirklich krank macht.

Ein Kommentar zu „Brief über den gesellschaftlichen Schützengraben hinweg

  1. Jan Fleischhauer hat ja auch die Seiten gewechselt, oder ist zumindest vom schnurgeraden linken Weg abgekommen. Etwa vom Regen in die Traufe?
    Ihm konnte man wenigstens noch zuhören, auch wenn man selber anderer Meinung war. Herrn von Lucke ertrage ich nur aufgezeichnet im Schnelldurchlauf, bei Herrn Jörges vom Stern schalte ich den Ton vorübergehend aus. Unerträglich die beiden, aber dort immer gern gesehene Gäste.
    Über äußerlich grüne Dauerbenutzer lohnt es sich ohnehin nicht Worte zu verschwenden.

    Ist eigentlich die Gerichtsreporterin, Frau Friedrichs, noch beim Spiegel? In einer Quasselrunde, es ging um das me too Thema, sagte sie tapfer, dass wir doch heute im Land ganz andere Probleme haben. Worauf sie sofort von der Redakteurin einer Frauenzeitschrift, die eher einer Modepüppi ähnelte, scharf zurechtgewiesen wurde und für den Rest der Sendung stumm blieb. .
    Früher war Frau Friedrichsen hin und wieder zu Gast bei verschiedenen „alle reden auf einmal“ Veranstaltungen. Seitdem wurde sich dort nicht mehr gesehen.

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