Kleine Intrigen

Im vorigen Beitrag bin ich auf die kleinen Gemeinheiten der Medien, vorwiegend gegen die AfD, eingegangen. So etwas hat es früher auch gegeben. Wie man Gegner unfair ein bißchen ausbremst, dazu kann ich auch etwas beisteuern.

Im Jahre 1989, zum Ende der DDR hin, war ich als Elektronikmusiker endlich in etwa dort angekommen, wo ich hinwollte. Ich hatte meine Profizulassung und Konzertsondereinstufung, hatte landesweit Auftritte, wurde im Rundfunk gespielt, schrieb und produzierte dort im Jugendradio und in Zeitschriften Beiträge über Computertechnik und Musikelektronik, verdiente genügend Geld und konnte beim Monopolisten Amiga mithilfe des Rundfunks nach mehreren Einzeltiteln sogar eine Solo-LP mit eigener Musik veröffentlichen, was innerhalb der Szene als Ritterschlag galt.

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Falls es jemandem auffällt: die Schrift, sowohl der Name als auch der Titel der Platte, ist so ziemlich grafisch die ungünstigste, die man nehmen konnte. Jedenfalls habe ich das damals so empfunden. Diese Schriftart wie aus einem Kinder-Stempelbaukasten ist das Gegenteil der Anmutung von Qualität, die ich für die Musik in Anspruch nehme. Zu der stehe ich auch heute noch, sie ist als CD (das Masterband wurde bereits digital erstellt) bei Amazon zu finden („Amiga Electronics“). 

Wie kam es dazu? Ich hatte die Musik in Zusammenarbeit mit dem Rundfunk dort selbst produziert, die Abmischung überwacht, die Zusammenstellung der Platte, Naturgeräusche selbst aufgenommen und eingefügt, den Plattentext hatte ein Freund geschrieben, die Covergrafik war in mehrtägiger Arbeit zusammen mit einem Amiga-Computerfreak aus dem „Haus der Jungen Talente“ in der Berliner Klosterstraße entstanden. Die Titel entstammten teilweise meinem Live-Projekt LIVE ELECTRONIC, für den „See“ hatte ich sogar eine Partitur geschrieben. Es hat zwei Jahre gedauert, die Veröffentlichung der LP bei Amiga durchzusetzen, was nur durch eine Politikänderung im Sinne einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Rundfunk und Amiga möglich wurde. Die Platte erschien zunächst nur auf Vinyl, da CDs in der DDR nur für Klassikproduktionen zugelassen waren. Die Aufnahmen wurden erst im letzten Jahr auf CD wiederveröffentlicht.

Ich hatte alles unter Kontrolle und alles persönlich überwacht, außer der Endgestaltung des Covers. Die hatte Amiga selber vorgenommen, denn ich kannte außer dem verantwortlichen Redakteur dort niemanden und die weitere Bearbeitung des Projekts im Hause Amiga entzog sich meiner Kenntnis und Kontrolle. Aber wenn man in der DDR in der unter großem Konkurrenzdruck und Andrang agierenden „Jugendmusikszene“ arbeitete, hatte im Erfolgsfall man auch immer sofort Feinde. Das hatte ich leider nicht bis zum Schluss konsequent beachtet.

Das hatte jemand ausgenutzt, der für die Konkurrenz arbeitete (man hatte immer harte Konkurrenz, besonders in diesem Bereich, der immerhin gewisse Freiheiten erlaubte, die dem normalen DDR-Bürger verschlossen blieben). Es gab auch Korruption, ich selbst bin ohne ausgekommen, habe aber mitbekommen, wie das bei anderen lief. Einmal hatte ich eine gesamte Studiobesatzung gegen mich, konnte aber erreichen, dass ich bei der nächsten Produktion mit anderen Leuten arbeiten durfte. Unfähigkeit schließe ich bei der Panne mit der Schrift aus, denn diese Schriftart taucht auf keinem anderen Cover auf, das damals veröffentlicht wurde, also war sie bewußt ausgesucht worden.

Ich habe nie erfahren, wer das gedeichselt hatte – egal. Ich habe mich jetzt nur daran erinnert, um zu demonstrieren, dass es solche kleinen „subkutanen“ Intrigen, um einen Konkurrenten ein bisschen zu benachteiligen, zu allen Zeiten gegeben hat – und um bei der Gelegenheit ein bißchen aus dem Nähkästchen plaudern. Mehr oder weniger subtiles Ausbremsen ist keine Erfindung der heutigen Medien.

Wenn in den großen Unterhaltungsshows der Privatsender heute oft so plakativ herausgestellt wird, wie sich alle schätzen und liebhaben, muss ich immer lächeln. Das dürfte ebenso eine Erfindung sein wie die große DDR-Künstlerfamilie, die es so nie gab. 

2 Kommentare zu „Kleine Intrigen

  1. Die DDR-Musiker hatten es weder leichter noch schwerer, es war nur anders. Bei mir hat der Weg 10 Jahre lang gedauert. Die Musik- und Künstlerszene der DDR war eine eigene Welt, mit einigen Privilegien, aber sie stand auch unter sehr starkem Druck. Sie galt als Hort der Freiheit und hatte entsprechend starken Zulauf, so war auch die Konkurrenz hoch. Ich persönlich hatte das Glück, dass meine Musik keine Texte brauchte, die man genehmigen lassen musste. Ich musste auch nie auf der Bühne irgendwelche politischen Statements abgeben. Allerdings hatte ich immer kabarettistisch angehauchte Moderationstexte, die in der „Sklavensprache“ an die Grenze des Sagbaren gingen, was mir dann hin und wieder den Hinweis einbrachte, das doch zu lassen.

    Ich war mir aber schon bewusst, dass ich die potemkinschen Dörfer der DDR mit abstützen half. Andererseits wollte ich aber auch zeigen, was man eben doch auch in der DDR auf die Beine stellen konnte, was mir dann die jungen Leute in den Jugend – und Studentenclubs dankten – Studenten der technischen Fächer an den Hoch- und Fachschulen gehörten zu meinen größten Fans. Insofern habe ich mich auch nie darüber beklagt, dass ich nach der Wende erst mal in ein Loch stürzte, denn meinen Beruf als Diplomingenieur hatte ich sechs Jahre zuvor aufgeben müssen, da ich die Doppelbelastung gesundheitlich nicht durchgestanden hatte und mein Arbeitgeber mir eine Erleichterung verweigerte. Ich musste also die Musik entweder aufgeben oder Profi werden, da ich gut im Geschäft war, habe ich Letzteres gewählt, was dann auch mit Fürsprache des Kulturministeriums gelang.

    Auf dem Höhepunkt meiner Karriere wollte mich dann plötzlich die NVA, also die DDR-Armee, als Reservist einziehen. Ich habe nach der Wende nicht herausbekommen, inwieweit die Stasi meine Karriere beeinflusst hat. Es gibt Momente, die dafür sprechen, ich kann das aber nicht mit Sicherheit behaupten.

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  2. Und ich hab immer geglaubt, in der DDR hatten es Musiker und Autoren leichter, den richtigen Anschluss zu finden, sofern sie nicht im politischen Abseits standen.
    Dann bleiben wohl neben den nicht wegen Krankheit kündbaren Arbeitsplätzen tatsächlich nur noch Sand- und Ampelmännchen von der angeblichen Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem dekadenten Westen übrig.
    Die absolute Weltspitze des VEB „Horch und Greif“ mal ausgenommen.

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